Anonyme Anzeige: Auch ehrlicher Steuerbürger hat keinen Auskunftsanspruch
Ein Steuerpflichtiger hat im Regelfall keinen Anspruch auf Preisgabe einer anonym beim Finanzamt eingegangenen Anzeige, die ihm steuerliches Fehlverhalten vorwirft. Auch der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch vermittelt insoweit keine weitergehenden Rechte. Dies gilt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs selbst dann, wenn die Anzeige nicht zu einem steuerlichen Mehrergebnis führt (BFH-Urteil vom 15.7.2025, IX R 25/24). Der Sachverhalt: Das Finanzamt nahm eine anonyme Anzeige zum Anlass, um bei einem Gastronomiebetrieb (eine Personenhandelsgesellschaft) eine Kassen-Nachschau durchzuführen. Diese führte nicht zu steuerlichen Nachforderungen und schon gar nicht zu steuerstraf- oder ordnungsrechtlichen Vorwürfen. Die zu Unrecht bezichtigte Gesellschaft beantragte daher Einsicht in ihre Steuerakten und begehrte eine Auskunft über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten gemäß Art. 15 DSGVO. So wollte sie Kenntnis vom Inhalt der Anzeige erhalten, um eventuell Rückschlüsse auf die Person des Anzeigeerstatters ziehen zu können. Das Finanzamt lehnte die Anträge ab. Klage und Revision hatten keinen Erfolg.
Die Begründung: Einem Steuerpflichtigen ist keine Einsicht in eine anonyme Anzeige zu gewähren, die sich in den Steuerakten befindet, wenn das Geheimhaltungsinteresse des Anzeigeerstatters und der Finanzbehörde höher zu gewichten ist als das Offenbarungsinteresse des von der Anzeige Betroffenen. Hiervon ist im Regelfall auszugehen, es sei denn, der Steuerpflichtige würde infolge der Anzeige einer unberechtigten strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt. Eine solche war im Streitfall aber nicht gegeben. Auch einem Auskunftsanspruch aus dem Datenschutzrecht heraus erteilte der BFH eine Absage. Zwar beinhalte eine solche Anzeige regelmäßig personenbezogene Daten, über die die Behörde grundsätzlich Auskunft erteilen müsse. Allerdings werde der Anspruch nach § 32c Abs. 1 Nr. 1 AO beschränkt, da durch die Preisgabe des Inhalts der Anzeige die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Finanzbehörde (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) gefährdet werden könnte. Darüber hinaus verböte der Identitätsschutz des Anzeigeerstatters eine Auskunftserteilung.
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