
Depotausbuchung von Aktien: Bescheinigung der Banken sorgfältig prüfen
Werden Aktien wertlos und daher aus dem Depot ausgebucht, sollten betroffene Anleger die entsprechende Steuerbescheinigung ihrer Depotbank sorgfältig prüfen. Hintergrund ist, dass einige Banken die Verluste intern verrechnen, andere hingegen nicht. Dies liegt an einer gesetzlichen Übergangsregelung, die den Banken die unterschiedliche Vorgehensweise bis Ende 2025 ermöglicht.
Die Einzelheiten: Verluste durch Ausbuchung oder Veräußerung wertlos gewordener Aktien dürfen (bzw. durften) seit dem 1.1.2020 mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden. Die Beschränkung der Verlustverrechnung auf Aktiengewinne gilt (bzw. galt) hier nicht. Es gab jedoch eine betragsmäßige Grenze. Die Verluste konnten nämlich nur mit Einkünften aus Kapitalvermögen bis zur Höhe von 20.000 Euro ausgeglichen werden. Nicht verrechnete Verluste waren dann auf Folgejahre vorzutragen (§ 20 Abs. 6 Satz 6 EStG). Doch mit dem Jahressteuergesetz 2024 wurde die Begrenzung auf 20.000 Euro wieder abgeschafft, und zwar für alle offenen Fälle. § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG wurde gestrichen. Entsprechende Verluste sind also auch über 20.000 Euro hinaus sofort verrechenbar.
Die Kehrseite der Medaille: Durch die Streichung des § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG lebt die alte Regelung des § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG wieder auf. Verluste aus dem Verkauf von Aktien dürfen danach nicht mit allen positiven Kapitalerträgen, sondern nur mit Gewinnen aus dem Verkauf von Aktien verrechnet werden, und zwar im selben Jahr und darüber hinaus in den folgenden Jahren. Als "Verkauf" in diesem Sinne gilt auch die reine Depotausbuchung sowie die Veräußerung von wertlosen Aktien (BMF-Schreiben vom 15.4.2025, IV C 1 - S 2252/00075/016/070, Rz. 59, 63). Das Gesagte gilt für Aktien, die seit dem 1.1.2009 gekauft wurden (§ 52 Abs. 28 Satz 11 EStG).
Banken nehmen eine Verrechnung von Verlusten und negativen Einnahmen mit positiven Kapitalerträgen bereits während des Jahres vor. Hierzu bilden sie so genannte virtuelle "Verlustverrechnungstöpfe", und zwar einen allgemeinen Verlustverrechnungstopf und einen Aktien-Verlustverrechnungstopf speziell für Verluste und Gewinne aus Aktiengeschäften. Falls nun am Jahresende der Saldo in einem oder in beiden Verlustverrechnungstöpfen negativ ist, gibt es zwei Möglichkeiten (§ 43a Abs. 3 Satz 4 und 5 EStG): Die Bank kann den nicht ausgeglichenen Verlust auf das nächste Jahr übertragen, um künftig fällige Zins- oder Dividendengutschriften oder Veräußerungsgewinne ohne Steuerabzug auszahlen zu können (so genannter Verlustübertrag). Stattdessen können Sie auch beantragen, dass die Bank Ihnen eine Bescheinigung über den verbleibenden Verlust ausstellt. Dann wird der Verlustverrechnungstopf auf Null gestellt. Mit dieser Verlustbescheinigung können Sie den Verlustbetrag dann in Ihrer Steuererklärung geltend machen und gegebenenfalls mit positiven Kapitalerträgen anderer Bankinstitute verrechnen lassen. Die Verlustbescheinigung müssen Sie jeweils zum 15. Dezember des laufenden Jahres bei der Bank beantragen.
Bei wertlos gewordenen Aktien haben die Banken aber - bislang - keine Verlustverrechnung vorgenommen. Zumindest galt dies für Verluste von über 20.000 Euro. Sie haben die Verluste also nicht in den Verlusttopf eingestellt (BMF-Schreiben vom 19.5.2022, BStBl 2022 I S. 742 Rz. 229a). Mit Schreiben vom 15.4.2025 (IV C 1 - S 2252/00075/016/070, Rz. 325) hat das BMF ausdrücklich zugelassen, dass Banken die Rz. 229a bis Ende 2025 weiter anwenden dürfen. Dies beruht auf § 52 Abs. 1 EStG, Art. 5 Nr. 4 i.V.m. Art. 56 Abs. 10 des Jahressteuergesetzes 2024. Das bedeutet, dass einige Banken die interne Verlustverrechnung ihrerseits vornehmen, andere hingegen nicht. Daher bleibt betroffenen Anlegern nichts anderes übrig, als die Steuerbescheinigungen genau zu prüfen und/oder bei ihrer Bank nachzufragen, wie die Handhabung bezüglich wertlos gewordener Aktien ist. Falls die - interne - Verlustverrechnung nicht erfolgt, muss die Verrechnung - wie bisher - im Rahmen der Steuererklärung beantragt werden.
Praxistipp:
Für den Verlustvortrag hat das BMF eine Vereinfachungsregelung erlassen: Sind Verluste aus dem wertlosen Verfall von Aktien noch als Verluste nach § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG a. F. erfasst worden, sind diese aus Vereinfachungsgründen in den Verlusttopf für sonstige Verluste nach § 20 Abs. 6 Satz 1 bis 3 EStG zu übernehmen. Dies gilt für den Kapitalertragsteuerabzug und für im Rahmen der Veranlagung festgestellte Verluste. Letztlich können "Altverluste" also auch mit Gewinnen aus anderen Anlagen und nicht nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnet werden (BMF-Schreiben vom 15.4.2025, IV C 1 - S 2252/00075/016/070, Rz. 118).
Alle Angaben ohne Gewähr.