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Erbschaft- und Schenkung: Geschlechtsspezifische Sterbetafeln zulässig?

08.10.2025

Es gibt gewisse Fälle im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, bei denen die voraussichtliche (durchschnittliche) Lebenserwartung des Steuerpflichtigen von Bedeutung ist. Dazu greift die Finanzverwaltung auf so genannte Sterbetafeln des Statistischen Bundesamts zurück. Aus den Sterbetafeln wiederum ergeben sich Vervielfältiger, die das Bundesfinanzministerium jeweils veröffentlicht. Die Werte werden nach Männern und Frauen getrennt ermittelt, da Frauen - durchschnittlich betrachtet - länger leben als Männer. Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass die Verwendung von geschlechtsspezifischen Sterbetafeln bei der Bewertung lebenslänglicher Nutzungen und Leistungen für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht gegen das verfassungsrechtliche Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG verstößt (BFH-Urteile vom 20.11.2024, II R 38/22, II R 41/22 und II R 42/22).

Der Vater schenkte seinen Kindern im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge Anteile an einer GmbH. Er behielt sich aber den lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch an den übertragenen Anteilen vor. Bei der Festsetzung der Schenkungsteuer gegenüber den Kindern zog das Finanzamt von dem Wert der Anteile den Kapitalwert des Nießbrauchsrechts des Vaters ab, da der Nießbrauch die Bereicherung der Kinder und die Bemessungsgrundlage für die Schenkungsteuer minderte. Den Kapitalwert ermittelte es durch Multiplikation des Jahreswerts des Nießbrauchs mit einem Vervielfältiger, der der amtlichen Sterbetafel zu entnehmen war. Die Kinder machten geltend, dass die Ermittlung des Kapitalwerts lebenslänglicher Nutzungen und Leistungen anhand unterschiedlicher Vervielfältiger für Männer und Frauen gegen Art. 3 Abs. 3 GG verstoße. Doch dem sind die Richter nicht gefolgt.

Die Heranziehung geschlechterdifferenzierender Sterbetafeln sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Da die statistische Lebenserwartung von Männern und Frauen unterschiedlich hoch sei, ermögliche die Verwendung der geschlechtsspezifisch unterschiedlichen Vervielfältiger genauere und realitätsgerechtere Bewertungsergebnisse als die Verwendung geschlechtsneutraler Vervielfältiger. Die Anwendung der geschlechtsspezifischen Sterbetafeln könne sich für den Steuerpflichtigen je nach Fallkonstellation günstiger oder ungünstiger auswirken und führe nicht in jedem Falle zu einer Benachteiligung aufgrund des eigenen Geschlechts.

Praxistipp:
Die Entscheidungen des BFH ergingen zur Rechtslage im Jahr 2014. Der BFH hatte nicht darüber zu entscheiden, welche Auswirkungen sich aus dem am 1.11.2024 in Kraft getretenen Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag für die Bewertung lebenslänglicher Nutzungen und Leistungen ergeben - so der BFH. Ohnehin ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Denn ob die Anwendung geschlechtsspezifischer Sterbetafeln bei der Bewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer rechtens ist, muss das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Die Az. beim BVerfG lauten 1 BvR 880/25, 1 BvR 881/25, 1 BvR 882/25.

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