
Fahrtkosten bei Teilzeitstudium an Fernuni: Dienstreise- statt Pendlerpauschale
Im Rahmen des Fernstudiums an der Fernuniversität Hagen sind mitunter gelegentliche Fahrten zur Universität erforderlich. Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs sind die Fahrtkosten mit den tatsächlichen Kosten oder der Dienstreisepauschale von 30 Cent je gefahrenem Kilometer abzugsfähig, wenn es sich lediglich um ein Teilzeitstudium handelt (BFH-Urteil vom 24.10.2024, VI R 7/22). Der Sachverhalt: Ein arbeitsloser Mann belegte nach abgeschlossenem Studium im Jahre 2017 einen weiteren Studiengang an der Fernuniversität Hagen und war dort als Teilzeitstudent eingeschrieben. Er machte Aufwendungen für 29 Hin- und Rückfahrten zwischen Wohnung und Fernuni zu je 277 km mit der Dienstreisepauschale von 30 Cent je Fahrtkilometer, also insgesamt rund 4.800 Euro, als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt wollte nur die Pendlerpauschale von 30 Cent je Entfernungskilometer anerkennen. Doch der Bundesfinanzhof gab dem Steuerbürger Recht.
Wenn eine Bildungseinrichtung im Rahmen eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird, stellt diese Einrichtung eine erste Tätigkeitsstätte dar. Die Fahrten dorthin sind nur mit der Pendlerpauschale (Entfernungspauschale) abziehbar. Ein Vollzeitstudium liegt vor, wenn das Studium nach der Studienordnung darauf ausgelegt ist, dass sich die Studierenden diesem - vergleichbar einem vollbeschäftigten Arbeitnehmer - zeitlich vollumfänglich widmen müssen. Davon ist auszugehen, wenn das Studium nach den Ausbildungsbestimmungen (hier Studienordnungen) oder der allgemeinen Erfahrung insgesamt etwa 40 Wochenstunden (Unterricht, Praktika sowie Vor- und Nachbereitung zusammengenommen) erfordert bzw. im Durchschnitt pro Semester 30 ECTS-Leistungspunkte (Creditpoints) vergeben werden. Ist das Studium nach der jeweiligen Studienordnung hingegen darauf ausgerichtet, dass die Studierenden für die Erbringung der vorgeschriebenen Studienleistungen nur einen Teil ihrer Arbeitszeit aufwenden müssen, liegt ein Teilzeitstudium vor. Ob die Studierenden daneben in einem Beschäftigungsverhältnis stehen oder anderweitig erwerbstätig sind, ist für die steuerrechtliche Einordnung eines Studiums als Teilzeitstudium unerheblich.
Der Kläger hat die Fahrten zur Fernuniversität in Hagen nicht zum Zwecke eines Vollzeitstudiums unternommen. Er war lediglich als Teilzeitstudierender eingeschrieben und studierte nach seinem Hörerstatus in einem zeitlichen Umfang von etwa 20 Stunden wöchentlich. Die Tatsache, dass er im Streitjahr keiner Erwerbstätigkeit nachging, ist im Hinblick auf den Begriff des Vollzeitstudiums unerheblich. Demnach galt die Fernuniversität in Hagen im Streitjahr nicht als erste Tätigkeitsstätte des Klägers, so dass seine Fahrtkosten deshalb auch nicht auf die Entfernungspauschale begrenzt sind. Sie sind nach Reisekostengrundsätzen anzuerkennen.
Praxistipp:
Kosten für ein Zweitstudium stellen grundsätzlich Werbungskosten dar, die in unbeschränkter Höhe abgezogen werden dürfen. Aufwendungen für ein Erststudium hingegen sind grundsätzlich mit maximal 6.000 Euro pro Jahr als Sonderausgaben abziehbar. Letztere sind im Übrigen steuerlich verloren, wenn in dem betreffenden Jahr keine oder nur geringe Einkünfte vorliegen, denn ein Vortrag der Kosten auf Folgejahre ist nicht möglich.
Alle Angaben ohne Gewähr.