
Grundstücksübertragung: Schuldübernahme kann hohe Steuern auslösen
Wenn eine vermietete Immobilie auf Sohn oder Tochter übertragen wird, müssen diese mitunter die Schulden übernehmen, die noch auf der Immobilie lasten. Der Bundesfinanzhof hat nun entschieden, dass ein solcher Vorgang als privates Veräußerungsgeschäft zu werten ist und gegebenenfalls die so genannte Spekulationsbesteuerung auslösen kann. Konkret lautet das Urteil: Wird ein Grundstück innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung übertragen und übernimmt der neue Eigentümer die auf dem Grundstück lastenden Schulden, liegt ein steuerbares privates Veräußerungsgeschäft vor (BFH-Urteil vom 11.3.2025, IX R 17/24). Der BFH hat damit ein Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts aufgehoben. Dieses war der Ansicht, dass teilentgeltliche Übertragungen von Immobilien auf Kinder unterhalb der historischen Anschaffungskosten die Spekulationsbesteuerung nicht auslösen können (Niedersächsisches FG, Urteil vom 29.5.2024, 3 K 36/24).
Der Fall: Der Vater hatte im Jahr 2014 ein bebautes Grundstück für insgesamt 143.950 Euro erworben und anschließend vermietet. Einen Teil des Erwerbs hatte er durch ein Bankdarlehen finanziert. In 2019 übertrug der Vater diese Immobilie im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf seine Tochter. Das Bankdarlehen valutierte noch mit
115.000 Euro. Die Tochter übernahm diese Verpflichtung. Beim Notar gaben die Vertragsparteien den aktuellen Verkehrswert der Immobilie mit 210.000 Euro an. Das Finanzamt wertete diesen Vorgang als nach § 23 EStG steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft, da zwischen dem Erwerb durch den Vater und der Übertragung auf die Tochter noch nicht mehr als zehn Jahre vergangen waren. Die Übertragung sei in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Vorgang aufzuteilen. Maßstab für die Aufteilung sei dabei der Verkehrswert der Immobilie im Zeitpunkt der Übertragung im Verhältnis zu den übernommenen Verbindlichkeiten. Letztlich wollte das Finanzamt einen Betrag von 40.655 Euro versteuern. Der BFH hat dem Finanzamt Recht gegeben.
Begründung: Wird ein Wirtschaftsgut übertragen und werden zugleich damit zusammenhängende Verbindlichkeiten übernommen, liegt regelmäßig ein teilentgeltlicher Vorgang vor. In diesem Fall erfolgt eine Aufteilung in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil. Wird das Grundstück innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung übertragen, unterfällt der Vorgang hinsichtlich des entgeltlichen Teils als privates Veräußerungsgeschäft der Einkommensteuer. Es spielt keine Rolle, dass der Vater und seine Tochter von einer insgesamt unentgeltlichen Übertragung ausgegangen sind. Der Vater kann sich auch nicht darauf berufen, er habe mit der Übernahme der Verbindlichkeiten durch seine Tochter im Ergebnis weniger erhalten als seine historischen Anschaffungskosten. Sollte es im Streitfall zu einer doppelten Belastung mit Schenkungsteuer und Einkommensteuer kommen, ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber eine gleichzeitige Belastung mit diesen beiden Steuerarten einschließlich der damit verbundenen Härten grundsätzlich in Kauf genommen hat (vgl. BFH-Urteil vom 25.6.2021, II R 31/19). Auch seitens des Bundesverfassungsgerichts ist eine kumulative Belastung mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer nicht beanstandet worden (vgl. BVerfG-Beschluss vom 7.4.2015, 1 BvR 1432/10, Rz 11 ff.).
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