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Richtsatzsammlung: Bundesfinanzhof zweifelt Aussagekraft an

06.12.2025

Jährlich veröffentlicht das Bundesfinanzministerium die Richtsatzsammlung, die für viele Branchen beispielsweise die gängigen Rohgewinnaufschläge auf den Waren- und Materialeinsatz auflistet. Die Richtsätze sollen der Finanzverwaltung Anhaltspunkte geben, um Umsätze und Gewinne der Gewerbetreibenden zu verproben ("äußerer Betriebsvergleich"). Tatsächlich dient die Richtsatzsammlung oftmals als Schätzungsgrundlage im Anschluss an Betriebsprüfungen, wenn der Prüfer Mängel in der Kassenführung oder Buchführung feststellt. Nun hat der Bundesfinanzhof erhebliche Zweifel geäußert, ob die amtliche Richtsatzsammlung in ihrer bisherigen Form eine geeignete Grundlage für einen äußeren Betriebsvergleich darstellt (BFH-Urteil vom 18.6.2025, X R 19/21).

Der zugrunde liegende Sachverhalt: Der Kläger ist Betreiber einer Diskothek; eine Außenprüfung beanstandete seine Kassen- und Buchführung als formell ordnungswidrig. Nicht nur das Finanzamt, sondern auch das Finanzgericht Hamburg gelangte zu einer grundsätzlichen Schätzungsbefugnis. Es kam dann zu einem verfahrensrechtlichen "Hin und Her". Letztlich hat das Finanzgericht bei der Schätzung des Rohgewinnaufschlagsatzes "nur" auf die Richtsatzsammlung des BMF zurückgegriffen. Dagegen hat sich der Kläger gewehrt und beim BFH nun obsiegt.

Die Begründung: Eine Diskothek ist kein Restaurant. Daher kann bei der Schätzung der Getränkeumsätze einer Diskothek auch nicht auf die Rohgewinnaufschlagsätze der amtlichen Richtsatzsammlung für Gastronomiebetriebe zurückgegriffen werden. Das Urteil ist aber über den entschiedenen Fall hinaus interessant, weil der BFH allgemein zur Richtsatzsammlung Stellung genommen hat. So hat er sich mit den Mindestanforderungen befasst, die Datensammlungen oder Datenbanken der Finanzverwaltung erfüllen müssen, wenn sie in einem Gerichtsverfahren berücksichtigt werden sollen. Zuvor hatte er das BMF aufgefordert, das Zustandekommen der Richtsatzsammlung näher zu erläutern. Letztlich hat der BFH erhebliche Zweifel, dass sich die amtliche Richtsatzsammlung des BMF in ihrer bisherigen Form als Grundlage für eine Schätzung eignet. Diese ist nämlich nicht repräsentativ. Zumindest konnte das BMF die Zweifel nicht entkräften. Die Zweifel basieren zum einen auf der fehlenden statistischen Repräsentativität der herangezogenen Daten und zum anderen auf dem kategorischen Ausschluss bestimmter Gruppen von Betrieben bei der Ermittlung der Werte. Beispiel: Die Ergebnisse von Verlustbetrieben bleiben bei der Ermittlung der Richtsätze von vornherein ausgeschlossen. Warum Betriebe allein aufgrund der Entstehung von Verlusten aber aus der Grundgesamtheit ausgeschlossen werden, ist für den BFH nicht verständlich. Denn auch in einem "normalen" Betrieb können Verluste entstehen.

Praxistipp:
Erst kürzlich hat der BFH entschieden, dass ein Steuerpflichtiger keinen Anspruch auf Informationen hat hinsichtlich der Unterlagen, die der Erstellung der amtlichen Richtsatzsammlung zugrunde liegen (BFH-Urteil vom 9.5.2025, IX R 1/24). Doch auch ohne Offenlegung der Datenbasis für die Richtsatzsammlung hat der BFH Zweifel an ihrem repräsentativen Charakter.

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