Schenkungsteuer: Zuwendender muss nicht immer Schenkungswillen haben
Die Festsetzung von Schenkungsteuer knüpft regelmäßig daran an, dass eine freigebige Zuwendung vorliegt. Das ist der so genannte Grundtatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Dabei müssen Schenker und Beschenkter subjektiv von der Freigebigkeit ausgehen. Doch keine Regel ohne Ausnahme. Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG "gilt" als Schenkung auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die ein Gesellschafter durch die Leistung einer anderen Person an die Gesellschaft erlangt. Soeben hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass in den Fällen § 7
Abs. 8 Satz 1 ErbStG eine Schenkung fingiert wird. Und vor allem: Die Freigebigkeit der Leistung an die Gesellschaft ist - anders als beim Grundtatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG - nicht Voraussetzung für die Steuerbarkeit (BFH-Urteil vom 10.4.2024, II R 22/21).
Der Sachverhalt in Kürze: Herr A erbte gemeinsam mit seinen Kindern, seinem Bruder und seinen Neffen einen Anteil an der T-GmbH. Die übrigen Anteile hielt eine KG, an der wiederum Herr A mit zwei Brüdern beteiligt war. Die Miterben veräußerten ihren geerbten Anteil an der T-GmbH gemeinschaftlich zu einem Kaufpreis von 300.000 Euro direkt an die T-GmbH. Das Finanzamt sah hierin einen schenkungsteuerpflichtigen Vorgang gemäß § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG, denn seines Erachtens lag der Wert des veräußerten Geschäftsanteils bei über 1,8 Mio. Euro. Letztlich wurden also Herr A und die anderen KG-Gesellschafter mittelbar bereichert. Nach Ansicht des Fiskus könnten sie ihre GmbH-Anteile, die sie direkt oder indirekt (über die KG) halten, ja sofort veräußern und dabei einen - vermeintlichen - Gewinn erzielen. Herr A argumentierte hingegen, dass der Kaufpreis von 300.000 Euro wie unter fremden Dritten ausgehandelt worden sei. Ein Schenkungswille habe also nicht bestanden. Doch der BFH pflichtet dem Finanzamt bei.
§ 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG fingiere eine Schenkung des an eine Kapitalgesellschaft Leistenden an den mittelbar oder unmittelbar beteiligten (Mit-)Gesellschafter, dessen Geschäftsanteil durch die Leistung eine Werterhöhung erfährt. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG verdränge als Spezialtatbestand den Grundtatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Die Vorschrift verlange - anders als der schenkungsteuerrechtliche Grundtatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG - keine freigebige Vermögensverschiebung. Maßgebend für die Steuerbarkeit nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG sei allein die Werterhöhung von Anteilen an der Gesellschaft, die ein unmittelbar oder mittelbar beteiligter Gesellschafter durch die Leistung des Zuwendenden an die Gesellschaft erlangt. Endgültig entschieden hat der BFH aber noch nicht. Die Vorinstanz muss nun noch konkret feststellen, ob und in welcher Höhe die Leistung an die Gesellschaft tatsächlich zu einer Werterhöhung von Anteilen an der Kapitalgesellschaft geführt hat. Der BFH führt im Rahmen seiner Urteilsbegründung aus, welche Grundsätze bei dieser Feststellung zu beachten sind. Hierauf soll im Rahmen dieser Mandanteninformation aber nicht näher eingegangen werden.
Praxistipp:
Erst kürzlich hatte das Finanzgericht Münster in einem vergleichbaren Fall zugunsten des Steuerpflichtigen entschieden (Urteil vom 23.5.2024, 3 K 2585/21 Erb). Auch im Falle des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG ergebe die Gesetzesauslegung, dass subjektiv ein "Wille zur Unentgeltlichkeit“ vorliegen müsse. Das Finanzamt hat gegen dieses Urteil die Revision eingelegt und es steht aus Sicht des Steuerpflichtigen zu befürchten, dass der BFH dieser im Lichte der neuen Rechtsprechung stattgeben wird.
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