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Verluste aus Kapitalanlagen: Ist im Ausnahmefall ein Steuererlass möglich?

23.11.2023

Für Verluste aus bestimmten Kapitalanlagen, zum Beispiel aus Options- oder Termingeschäften, sieht das Einkommensteuergesetz strikte Beschränkungen bei der Verlustverrechnung vor. Insbesondere Verluste aus spekulativen Anlagen dürfen nicht mit anderen positiven Einkünften, sondern nur mit Gewinnen aus gleichartigen Geschäften verrechnet werden. Gegebenenfalls ist zwar ein Verlustvortrag möglich. Doch auch dann dürfen Verluste nur mit Gewinnen aus gleichartigen Geschäften der Folgejahre verrechnet werden.

Nach Ansicht des Finanzgerichts Köln kann die Beschränkung der Verlustverrechnung im Ausnahmefall eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen, vereinfacht gesagt also einen Steuererlass, rechtfertigen, nämlich dann, wenn der Einzug der Steuern dazu führen würde, dass dem Anleger nicht einmal das Existenzminimum verbliebe (FG Köln, Urteil vom 26.4.2023, 5 K 1403/21). Der zugrundeliegende Sachverhalt: Die Klägerin erlitt Verluste aus Stillhaltergeschäften von rund 390.000 Euro. Wegen einer Verlustausgleichsbeschränkung wurden die Verluste nicht mit den positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechnet. Dabei hatte die Klägerin beispielsweise nennenswerte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Letztlich wurde Einkommensteuer aufgrund der anderen Einkünfte festgesetzt, die so hoch war, dass sie gemeinsam mit den Kapitalverlusten die positiven Einkünfte aus anderen Einkunftsarten aufzehrte. Auf das Streitjahr bezogen verblieb der Klägerin nicht einmal das Existenzminimum. Daher begehrte sie eine Minderung ihrer Gesamtsteuerbelastung im Wege der "abweichenden Festsetzung der Einkommensteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen gemäß § 163 Abs. 1 AO". Das Finanzamt lehnte dies zwar ab, doch die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzamt sei verpflichtet, die Steuer aus Billigkeitsgründen erheblich niedriger festzusetzen als es bislang der Fall war.

Begründung: Der Staat müsse einem Steuerpflichtigen von seinem Erworbenen so viel steuerfrei belassen, wie zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts erforderlich sei (Existenzminimum). Der existenznotwendige Bedarf bilde von Verfassungswegen die Untergrenze für den Zugriff durch die Einkommensteuer. Hinsichtlich der Freistellung des Existenzminimums sei keine Gesamtbetrachtung über mehrere Jahre vorzunehmen. Der für den Lebensunterhalt tatsächlich und unabweisbar benötigte Geldbetrag sei vielmehr in jedem Veranlagungsjahr von der Besteuerung auszunehmen. Die Erhebung von Einkommensteuern kann folglich sachlich unbillig sein, wenn die festgesetzte Steuer bei Einbezug tatsächlich abgeflossener, aber aufgrund von Ausgleichsbeschränkungen steuerlich nicht zu berücksichtigender Verluste aus Kapitalanlagen das jährlich steuerfrei zu belassende Existenzminimum übersteigt.

Praxistipp:
Das Finanzamt hat gegen das Urteil Revision eingelegt, die unter dem Az. IX R 18/23 beim Bundesfinanzhof anhängig ist.

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