
Witwen- und Witwerrente: Wann wird der Rentenfreibetrag angepasst?
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind mit dem so genannten Besteuerungsanteil steuerpflichtig - so heißt es gemeinhin. Tatsächlich ist die Besteuerung aber etwas komplizierter, denn es gilt: Im ersten und zweiten Bezugsjahr sind die Renten mit dem Besteuerungsanteil steuerpflichtig, der für das Jahr des Rentenbeginns gesetzlich festgelegt ist. Bei Rentenbeginn im Jahre 2024 sind es 83 Prozent. Der Restbetrag im zweiten Jahr ist der persönliche Rentenfreibetrag, der in Euro ermittelt und dann zeitlebens festgeschrieben wird. Ab dem dritten Jahr ist die Rente in voller Höhe nach Abzug des persönlichen Rentenfreibetrages und des Werbungskosten-Pauschbetrages von 102 Euro steuerpflichtig. Laufende Rentenerhöhungen ab dem dritten Bezugsjahr sind folglich immer in vollem Umfang steuerpflichtig. Regelmäßige Rentenanpassungen führen nicht zu einer Neuberechnung des persönlichen Rentenfreibetrages. Aber: Eine Neuberechnung des Rentenfreibeitrages erfolgt, wenn sich die Rente aus außerordentlichen Gründen ändert, zum Beispiel bei Rentennachzahlungen. Was aber gilt bei einer Anpassung der Witwen- bzw. Witwerrente aufgrund der Anrechnung eigenen Einkommens? Mit dieser Frage muss sich nun der Bundesfinanzhof befassen
(Az. X R 4/25; Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7.11.2024, 14 K 9179/21).
Der zugrunde liegende Sachverhalt: Der Kläger bezog eine Witwerrente von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV), nachdem seine Ehefrau im Jahr 1999 verstorben war. Der Rentenfreibetrag wurde mit 50 Prozent von
7.811 Euro = 3.906 Euro festgeschrieben. Die DRV stellte viele Jahre später fest, dass sie aufgrund unterbliebener Anrechnung von Einkommen des Klägers eine zu hohe Witwerrente an ihn gezahlt hatte. Sie forderte vom Kläger überzahlte Beträge zurück und berechnete überdies die künftig auszuzahlende Witwerrente neu. Die DRV übermittelte dem Finanzamt für das Jahr 2018 einen Jahresbetrag der Witwerrente von nur noch 5.642 Euro. Darin sei ein so genannter Anpassungsbetrag von 966 Euro enthalten. Das Finanzamt besteuerte die Witwerrente nun wie folgt:
5.642 Euro abzgl. 966 Euro = 4.676; steuerfrei davon sind 50 % = 2.338 Euro. Steuerpflichtig sind nun 3.304 Euro. Hiergegen wandte sich der Kläger. Seines Erachtens sei der steuerfreie Teil der Witwerrente weiterhin mit 3.906 Euro anzusetzen. Klage und Einspruch blieben aber ohne Erfolg.
Die Begründung: Im Falle der Veränderung des Jahresbetrags einer Witwer- oder Witwenrente aufgrund von Einkommensanrechnungen hat eine Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente zu erfolgen. Hierfür spricht insbesondere, dass der Gesetzgeber die Einkommensanrechnung ausdrücklich als Grund für eine Neuberechnung des steuerfreien Teils einer Rente angeführt hat (BT-Drucks. 15/3004 vom 29.4.2004). Dies ist sachgerecht, weil andernfalls etwa ein vorübergehend fehlendes anzurechnendes Einkommen des Rentenempfängers zu Beginn der Rentenzahlung zu einem dauerhaft (zu) hohen Steuerfreibetrag führen würde, während ein sehr hohes anzurechnendes Einkommen des Rentenempfängers zu Beginn der Rentenzahlung gegebenenfalls zu gar keinem steuerfreien Rentenbezug führen würde.
Praxistipp:
Andere Finanzgerichte haben ebenso wie das FG Berlin-Brandenburg entschieden (z.B. FG Köln, Urteil vom 7.4.2017, 8 K 1489/15). Dennoch wurde im Besprechungsfall die Revision zugelassen, die auch eingelegt worden ist.
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